Mein Name ist Raymundo Caetano Pinto und ich bin der
Vater von Mychelle Grace Pinto, die am 4. Februar 1986 auf die Welt kam.
Meine Tochter wurde mit Gehirnlähmung geboren und die Ärzte teilten mir mit, dass sie nicht lange leben würde. Und da begann unser Kampf. Meine Frau Luiza und ich suchten nach Hilfe und unternahmen alles was uns möglich war (ich besuchte sogar Kurse um mich als Physiotherapeut auszubilden), um unsere Tochter zu retten. Meine ältere Tochter Kelly übergaben wir damals der Betreuung meiner Mutter, um uns ganz Mychelle zu widmen. Ich arbeitete damals als Metallarbeiter in einer Firma, aber mein Gehalt reichte nicht aus, um die kostspielige Behandlung zu bezahlen. In dieser Zeit betreute meine Frau unsere Tochter tagsüber und wenn ich dann nach Hause kam, übernahm ich die Betreuung. Von Tag zu Tag wurde es schwieriger uns um unsere Tochter zu kümmern: es fehlte an Geld, die Transportmittel zu den Behandlungsorten waren schlecht, und dann die langen Wartezeiten. Als Mychelle 7 Jahre alt war konnte sie weder gehen noch sprechen. Angesichts so vieler Schwierigkeiten beschlossen wir die ärztliche Behandlung durch die von uns erworbenen Kenntnisse der Physiotherapie zu Hause fortzusetzen, um so den
heilungsprozess
zu beschleunigen.
Eines
Tages kam ich dann morgens in die Firma und wurde ins Büro des Chefs gerufen.
Er teilte mir mit, dass die Firma finanzielle Probleme habe und dass sie deshalb
Personalkürzungen vornehmen müssten und dass ich einer von den Mitarbeitern sei, die entlassen
würden. Ich war am Boden zerstört. Was sollte ich nur jetzt machen? Ich ging
nach Hause und erzählte den Vorfall meiner Frau und meiner Mutter. Beide
unterstützen mich in dieser trostlosen Situation und animierten mich, denn bald
würde ich sicherlich einen neuen Arbeitsplatz finden. Ich ging auf mein Zimmer
und begann zu beten, mit Gott zu sprechen und bat Ihn um Orientierung. Wie
sollte ich jetzt nur die Behandlung meiner Tochter fortsetzen? Und Gott erhörte
mein Flehen und sagte mir: “Behandle du selbst deine Tochter zu Hause!” Aber
wie sollte ich das machen? Und da kam mir in den Sinn: ich werde ein kleines
Schwimmbecken im Hof meines Hauses bauen und da werde ich meine Tochter mit
Hilfe der Hydrotherapie (in Kursen hatte ich einiges dieser Behandlungsmethode
erlernt) behandeln. Und so baute ich dann 1995 mit dem Geld der Ablösung, das
ich von der Firma bekommen hatte, ein kleines Schwimmbecken und begann die
Behandlung von Mychelle.
Schon nach kurzer Zeit verbesserte sich ihr Zustand
zusehens und Bekannte und Nachbarn, deren Kinder ebenfalls behindert waren,
baten mich auch diese zu betreuen. Und die Zahl der Hilfesuchenden wuchs und
wuchs. Eines Tages spielte ich mit meiner Tochter im Wohnzimmer, sie war damals
9 Jahre alt, und plötzlich löste sie sich von meinem Schoss
und tat ihre ersten paar Schritte.
und tat ihre ersten paar Schritte.
Das war der schönste Tag meines Lebens. Ich rief meine Frau, wir
fielen uns in die Arme und weinten vor Glück und Freude. Denn nie hätten wir
gedacht, dass wir unsere Tochter einmal gehen sehen würden. Und in dieser
Freude hörte ich wieder die Stimme Gottes, die mir sagte:”Hilf du jetzt all den
Menschen, die so wie du mit ihren Kindern leiden und gelitten haben!” Und ich
dachte: “Mein Gott, aber wie soll ich das machen? Ich habe kein Geld, alles ist
so teuer und ich muss doch arbeiten um meine Familie zu ernähren.” Die Zeit
verging und verging, immer mehr Leute suchte uns auf und baten um Hilfe. Wir
beide, meine Frau und ich, waren nicht mehr imstande der Arbeit nachzukommen
und so gründeten wir 1998 das gemeinnützige “Institut Água Cristalina” und stellten ein paar Hydrotherapeuten ein.
Monate
später nahm ich an einem Sonntag an einem Kurs für Krankenpflege teil, wo ich
auch über unsere Arbeit im Institut berichten durfte. Einer der Teilnehmer,
Bruder Klaus von den Steyler Missionaren, zeigte sich für unsere Arbeit
interessiert und wollte das Institut kennen lernen. So lud ich ihn ein und
schon in der folgenden Woche besuchte er uns und war sofort von meiner Tochter
und unserer Behandlungsmethode begeistert. In einem informellen Gespräch erzählte
ich Bruder Klaus meine Geschichte, angefangen von der Geburt unserer
behinderten Tochter, und so wuchs allmählich der Gedanke und die Idee das
Institut zu reformieren, modernisieren und ein grössers Becken zu bauen. Ich
besass ein kleines Grundstück neben meinem Haus, auf dem meine Mutter Gemüse
pflanzte, und dieses stellte ich zum Bau der neuen Anlage zur Verfügung. Bruder Klaus übernahm die Finanzierung des
Baues und mit Hilfe von Spendern aus der Schweiz und Deutschland wurde das neue
Gebäude errichtet. Bruder Klaus ermöglichte auch das Studium meiner älteren
Tochter Kelly, die heute ausgebildete Physiotherapeutin und Sportlehrerin ist
und die mir bei allen Arbeiten tatkräftig zur Seite steht.
Sechs
Monate nach der Eröffnung des neuen Instituts verstarb Bruder Klaus. Das war
erneut ein harter Schlag für mich, denn er stand nicht nur mir und meiner
Familie sehr nahe, sondern war auch bei allen unseren Patienten sehr beliebt
und geschätzt. Wie sollte nun alles weitergehen? Ich wurde dann eingeladen an
einer Versammlung von Soverdi teilzunehmen und da wurde mir mitgeteilt, dass
diese Organisation fortan die Projekte von Bruder Klaus übernehmen würde. Und
seither wird unser Institut von Soverdi unterstützt und gefördert.
Heute
funktioniert das Institut ganz hervorragend und wir behandeln im Durchschnitt
700 Patienten pro Woche. Unsere Arbeit basiert auf der Wassertherapie:
Hydrotherapie, angepasstes Schwimmen, Hydromassage und Hyrdrogymnastik. Unsere
Patienten kommen aus ganz São Paulo und sogar aus benachbarten Städten. Heute
können wir auch mit der Unterstützung des städtischen Sekretariats für
Gesundheits- und Sozialwesen rechnen.
Unsere Arbeit ist allgemein anerkannt und wir bekommen sogar Patienten von
Spitälern und Kliniken der Stadt. Paralell dazu entwickeln wir auch Arbeiten,
in denen wir uns besonders um ältere Menschen kümmern. Es sind an die 60
Personen die wöchentlich zu uns kommen. Sie erhalten eine Mahlzeit, nehmen an
verschiedenen Kursen und Vorträgen teil und treiben auch Gymnastik. Einmal im
Monat organisieren wir auch kleinere Ausflüge, an denen alle gerne teilnehmen.
Und zwei Mal pro Jahr veranstalten wir einen Markt, auf dem sie ihre
Handarbeiten zum Verkauf anbieten. Ausserdem realisieren wir andere soziale
Arbeiten wie etwa einen Backkurs.
Das soll den Menschen helfen ihren Eigenbedarf an Brot zu decken, aber
auch durch den Verkauf das Familieneinkommen zu heben. Wir verteilen auch Lebensmittelkörbe
an bedürftige Familien und an den Festen wie Ostern und Weihnachten Ostereier
und Weihnachtsstollen. Gemeinsam mit der Universität von Mogi das Cruzes bieten
wir Vorträge über Themen wie Recht, Gesundheit und Ernährung an wie auch ein
Programm für Bodentherapie, an dem wöchentlich etwa 200 Personen teilnehmen. In
Anerkennung an alle dies von uns organisierten Arbeiten hat uns die Stadtgemeinde
von São Paulo ein Grundstück zur Verfügung gestellt, auf dem später eine Filial
unseres Instituts entstehen soll. Dadurch wäre es dann möglich der ganzen
lokalen Bevölkerung vor Ort nicht nur eine umfassende ärztliche Betreung anzubieten,
sondern es soll hier auch ein rekreatives
und kulturelles Zentrum entstehen.
Vom
Bau dieser Filiale abgesehen, bemühen wir uns weiterhin in den bestehenden
Einrichtungen unsere Arbeit zu aktualisieren und zu modernisieren, um allen
unsere Patienten die bestmögliche Behandlung zu garantieren.
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